Im Leben von Daniel Dietrich

Im Leben von Daniel Dietrich – Sich mit 50 Jahren neu zu orientieren, den Berufsalltag völlig umzukrempeln und das zu finden, wovon man lange träumte: Dazu braucht es eine lange und intensive Vorbereitungszeit und eine reichliche Portion Mut.

Daniel Dietrich war Leiter der UBS in Uster und arbeitet heute als Fundraiser im Werkheim Uster. Warum der Banker heute mit Menschen mit Beeinträchtigung arbeitet, erzählt er uns bei einer Tasse Kaffee. Im Restaurant 8610 entsteht der Artikel «Im Leben von Daniel Dietrich».

Werdegang von Daniel Dietrich

Niemand wird als Direktor geboren – so auch nicht Daniel Dietrich. Er absolvierte eine Banklehre bei der ZKB. Die Arbeit bereitete ihm viel Freude, und er beschloss, anschliessend die BMS zu bestreiten, da ihn die Fächer am KV faszinierten. Er wusste bereits damals, dass er sich weiterbilden wollte. Er immatrikulierte nach zwei Berufsjahren bei der HWV (heute Fachhochschule), wo er nach drei Jahren in Betriebswirtschaft abschloss.

Nach dem Studium fand er eine Stelle bei der Bankgesellschaft (UBS) in Wetzikon, wo er die Betreuung der Geschäftskunden übernahm. Drei Jahre später wechselte er zur Filiale Uster. Nach der Fusion mit dem Bankverein fand er eine neue Anstellung in Zürich, wo er für Grosshandelsgesellschaften und Tochtergesellschaften internationaler Konzerne tätig war.

Die erste Führungsaufgabe übernahm er später als Geschäftskundenleiter der Filiale Rapperswil. Parallel dazu immatrikulierte er sich erneut, um den Executive Master of Finance zu erlangen. Weil er seit dem Jahr 2000 in Uster wohnhaft war, fragte der in Pension gehende Leiter der Filiale Uster Daniel Dietrich an, ob er seine Nachfolge übernehmen möchte. Folglich war er von 2008 bis April 2016 Leiter der UBS-Filiale Uster.

Was geschah dazwischen?

Die UBS bietet seit Jahren das Programm «Seitenwechsel», wo die Möglichkeit geboten wird, dass Mitarbeitende eine Woche in einem anderen Betrieb arbeiten. Daniel Dietrich nutzte diese Gelegenheit und arbeitete in der Stiftung Balm in Jona. «Für mich war dies sehr prägend, es faszinierte und beeindruckte mich, mit Menschen mit Beeinträchtigung zu arbeiten. Ein Gegensatz zu meiner Alltagsarbeit und wohl ein Schlüsselerlebnis», fügt er an.

Er kam dort in eine Situation, einer beeinträchtigten Person das Verwechseln von Zahlen, 71 und 17, beizubringen. «Ich gab alles, doch der Erfolg blieb aus. Dieser Misserfolg ging mir nicht aus dem Kopf», erwähnt Dietrich etwas nachdenklich. «Der zuständige Mitarbeiter sagte mir dann aber, dass es ein Erfolg gewesen sei, dass diese Person sich eine Stunde mit mir abgegeben habe, was sie vorher noch nie getan habe. Und dies blieb mir unvergesslich. Ab diesem Tag unterstützte ich gemeinnützige Organisationen finanziell und mit freiwilligen Einsätzen», teilt er mir erfreut mit.

Er engagierte sich beispielsweise am Dörflifäscht vom Wagerenhof, wo das gesamte Personal seiner Filiale im Einsatz stand – als Belohnung bekam er von der UBS den Global Employee Volunteering Award. «Dadurch kam ich immer näher zu Menschen mit Beeinträchtigungen, kannte in diesem Umfeld immer mehr Verantwortliche und stellte mir irgendwann die Frage: Was will ich beruflich? Ich wurde bald 50-jährig und liess mich durch einen Coach in mehreren Meetings beraten. Etwas mit Finanzen in einer sozialen Institution war das Resultat dieser Beratung», fügt Dietrich stolz an.

Das Bild zeigt Produkte welche von Menschen mit Beeinträchtigung hergestellt wurden. Im Leben von Daniel Dietrich – Ein Bericht des Uster Raport.
Produkte welche von Menschen mit Beeinträchtigung hergestellt wurden.
Im Leben von Daniel Dietrich – Ein Bericht des Uster Raport.

Der nicht einfache Entscheid

Daniel Dietrich erwähnt, dass er viel darüber nachdachte und der Prozess mehrere Jahre dauerte – Neustart, Sicherheit versus Unsicherheit, was will ich usw. «Zwischenzeitlich traf ich mich regelmässig mit dem Geschäftsleiter des Werkheims Uster. Er schilderte mir, dass die Stiftung Werkheim Uster wie andere Organisationen auch mit Kürzungen der öffentlichen Gelder konfrontiert sei, dass man neue Wege für zusätzliche Geldquellen suche dass sie eine Fundraising-Stelle schaffen möchten. Dass es eine Person sein müsse, die in Uster verwurzelt sei und ein gutes Netzwerk in der Region habe.

Und dann kam ich zum Schluss, dass es der richtige Zeitpunkt und die richtige Stelle für mich sein muss», erwähnt er. Seit Mai 2016 ist Daniel Dietrich in der neuen Funktion tätig und rundum zufrieden. «Ich werde immer darauf angesprochen: Du konntest dies, aber bei mir ist dies anders… Viele Menschen sind in ihrer beruflichen Situation wie gefesselt, gefangen, oder der Mut zur Veränderung fehlt. Mich hat der Wechsel befreit, und es ist für mich ein Gewinn, denn Menschen mit einer Beeinträchtigung geben viel zurück – eine tolle Erfahrung.»

Einsichten in einen Arbeitstag

Natürlich wollten wir auch wissen, wie denn heute sein Alltag aussieht. Grundsätzlich, so erzählt mir Daniel Dietrich, ist er für die Beschaffung von Geld zuständig. Dazu will er das Werkheim generell bekannter machen sowie mehr Spender und Legate finden. «Bestehende Spender lade ich gerne zum Kennenlernen ein, denn nur dadurch können wir die Bedürfnisse abklären, den Dank zurückgeben und allenfalls neue Spenden generieren», so Dietrich.

Zudem ist er für die Mittelbeschaffung für die beiden neuen Bauvorhaben zuständig Das «Heussergut» mit elf zusätzlichen Wohnplätzen, das jetzt gestartet und im April 2017 fertiggestellt wird. Das «Pfarrhaus», welches abgerissen und mit 13 Studios für selbstständige Bewohner bis Mitte 2018 neu aufgebaut wird. Dazu gibt es Spendenversände, wo Texte und Adressmaterial erstellt werden müssen, oder die Kässeli, die in der Werkstatt entstanden und an vielen Orten in Uster zur Spende einladen. Im Kanton Zürich gibt es rund 80 Stiftungen, mit diesen wird Daniel Dietrich in Kontakt treten genauso wie mit den Serviceclubs der Region, wo er bemüht ist, mit Referaten auf das Werkheim aufmerksam zu machen.

Neben dem Geldsammeln ist er auch aktiv unterwegs, um Aufträge für die Gärtnerei, die Produktion, das Catering usw. zu generieren. Auch die Thematik Nachlass hat er in Angriff genommen um aufzuzeigen, dass man das Werkheim im Testament berücksichtigen kann. Dazu liegen bei den Notariaten bereits Flyer auf.

Aktiv unterwegs

Mit verschiedenen Anlässen ist das Werkheim dank Daniel Dietrich aktiv unterwegs. So ist beispielsweise für 2017 ein Anlass zum Thema «Nachfolge und Testament» geplant. Ferner ein Charity-Galakonzert mit Chris & Mike sowie 2018 ein Golf-Charity-Anlass auf der Driving-Range in Bubikon mit Nachtessen im Restaurant 8610. Dieses Jahr war das Werkheim mit einem Stand am Grüninger Herbstmarkt vertreten und wird auch am Uster Märt teilnehmen.

Dass Daniel Dietrich den richtigen Weg gewählt hat, war beim Gespräch unüberhör- und -sehbar. Mit Euphorie packt er die Aufgaben an und bringt umsetzbare Ideen ein. Schön für mich zu erleben war auch, dass alle Werkheimbewohner, die während unseres Gesprächs im «8610» an uns vorbeigingen, ihn herzlich grüssten. Er ist in den Herzen der Bewohner aufgenommen worden.

Im Leben von Daniel Dietrich
Rösli Konrad-Menzi – Uster Report

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