Hindernisse bei den Menschen mit Unterstützungsbedarf selbst

Viele Menschen mit Unterstützungsbedarf oder Beeinträchtigung haben den Grossteil ihres Arbeitslebens im geschützten Rahmen verbracht. Dort haben sie oft gelernt, was sie nicht können, statt was sie können. Dieses Denken prägt das Selbstbild – und kann dazu führen, dass der Schritt in den ersten Arbeitsmarkt mit grosser Unsicherheit verbunden ist. Wie alle Menschen verlassen auch sie ihr gewohntes Umfeld ungern. Neue Anforderungen, fremde Kollegen und ungewohnte Abläufe können Angst machen. Inklusion braucht daher Geduld, Begleitung und Vertrauen – von beiden Seiten.
Hemmschwellen in den Institutionen – wenn gute Absichten an Strukturen scheitern

Auch soziale Institutionen stehen vor einem Dilemma: Einerseits wollen sie Inklusion im Arbeitsmarkt fördern, andererseits verlieren sie durch erfolgreiche Vermittlungen oft ihre „besten“ Mitarbeitenden. Betreuende Fachpersonen sorgen sich, wer die anstehenden Aufträge übernehmen wird, wenn eine fähige Person den Sprung wagt.
Gleichzeitig besteht manchmal Unsicherheit, wie Inklusion im Alltag bei den Institutionen selbst umgesetzt werden kann. Es passiert nicht selten, dass in Projekten über Menschen mit Unterstützungsbedarf entschieden wird – ohne sie selbst einzubeziehen. Echte Inklusion bedeutet aber, diese Menschen aktiv zu beteiligen und ihnen eine Stimme zu geben, statt nur über sie zu sprechen.
Bedenken der Eltern und Angehörigen
Eltern wünschen sich vor allem eines: Sicherheit für ihr Kind. Der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt kann Angst machen – Angst vor Überforderung, Ablehnung oder Misserfolg. Diese Sorgen sind verständlich, dürfen aber nicht dazu führen, dass Chancen von vornherein ausgeschlossen werden
Mit einer guten Vorbereitung, klaren Strukturen und enger Begleitung lassen sich mögliche Risiken abbauen und Sorgen reduzieren – ein wichtiger Schritt für mehr Teilhabe und Selbstbestimmung.
Herausforderungen bei Unternehmen – Inklusion als Kulturwandel

Auch auf Seiten der Integrationsbetriebe und Unternehmen gibt es Unsicherheiten. Manche befürchten, dass Mitarbeitende mit Handicap die betrieblichen Abläufe verlangsamen könnten.
Und tatsächlich gibt es immer wieder Stimmen, die bei einem ersten kleinen Missgeschick sofort sagen: „Wir haben es ja gewusst – das funktioniert nicht.“
Solche Reaktionen zeigen, dass Inklusion im Arbeitsmarkt nicht nur organisatorisch, sondern auch kulturell verankert werden muss. Sie fordert eine neue Sichtweise auf Leistung, Zusammenarbeit und Verantwortung – und damit einen echten Kulturwandel.
Strukturelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Inklusion braucht politische Unterstützung

Neben persönlichen und institutionellen Faktoren spielen auch politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. In der Schweiz gibt es zwar die UNO-Behindertenrechtskonvention, die Inklusion und Teilhabe fördert, doch deren Umsetzung ist in vielen Bereichen noch nicht konsequent erfolgt. Finanzierungsmodelle, Leistungsvereinbarungen und Zuständigkeiten sind oft so gestaltet, dass sie den Verbleib im geschützten Bereich begünstigen, statt Übergänge in den ersten Arbeitsmarkt zu fördern. In vielen Kantonen sind derzeit Projekte in Umsetzung für mehr Selbstbestimmung auch im Arbeitsbereich, z.B. im Kanton Zürich: https://www.zh.ch/de/soziales/leben-mit-behinderung/selbstbestimmung.html
Auch gesellschaftliche Einstellungen – etwa die Vorstellung, Menschen mit Behinderung „beschützen“ zu müssen – können unbeabsichtigt Barrieren aufbauen. Hier braucht es politische Weichenstellungen, gezielte Förderprogramme und Bewusstseinsarbeit, um Hindernisse der Inklusion langfristig abzubauen und Inklusion im Arbeitsmarkt als Normalität zu etablieren.
Fazit: Inklusion braucht Mut, Zeit und Haltung

Inklusion scheitert selten an fehlendem Willen, sondern an Ängsten, Strukturen und Gewohnheiten. Damit sie gelingt, müssen wir alle lernen, Kontrolle abzugeben, Vertrauen aufzubauen und Fehler als Teil des Lernprozesses zu akzeptieren.
Echte Inklusion entsteht nicht durch Zwang, sondern durch Begegnung, Offenheit und den Mut, Neues auszuprobieren. Nur wenn wir diese Hindernisse der Inklusion ernst nehmen und gemeinsam daran arbeiten – in Institutionen, Unternehmen und der Gesellschaft –, kann Teilhabe für Menschen mit Unterstützungsbedarf zur gelebten Realität werden.
Gerne unterstütze ich Sie bei Ihrem nächsten Inklusionsprojekt:




